Im Jahr 2000 hat die UNO den 18. Dezember zum Internationalen Tag der Migrant*innen ausgerufen. Zehn Jahre zuvor wurde auf der UN-Vollversammlung die sogenannte Wanderarbeiterkonvention verabschiedet. Ziel war es, eine Verbesserung des rechtlichen Status für Migrant*innen mit Arbeitnehmer*innenstatus, Saison- und Gelegenheitsarbeiter*innen sowie für deren Familienangehörige zu schaffen. Sie gilt als internationaler Standard, an dem die nationalen Regierungen ihre gesetzlichen Schutzmechanismen messen sollen. Die Ausbeutung von Arbeitsmigrant*innen ist dennoch nach wie vor ein großes Problem, auch in Deutschland. Löhne unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns, menschenunwürdige Unterkünfte zu horrenden Mieten oder unbezahlte Überstunden gehören vielfach zum Alltag von Arbeitsmigrant*innen. „Im Corona-Jahr 2020 wurde einmal mehr deutlich, wie es hierzulande um den Schutz von Arbeitsmigrant*innen bestellt ist. Die Vorfälle in mehreren fleischverarbeitenden Betrieben haben auch der breiten Öffentlichkeit gezeigt, dass Beschreibungen wie ‚moderne Sklaverei‘ keineswegs überspitzt sind“ erklärt Kemal Gülcehre, Vorsitzender des Landesverbandes der rheinland-pfälzischen Beiräte für Migration und Integration (AGARP). Gülcehre weiter: „Wir haben in diesem Jahr viel über systemrelevante Jobs gesprochen und hier sei angemerkt, dass eben solche Tätigkeiten in nicht geringem Umfang von Arbeitsmigrant*innen ausgeübt werden. Sie haben einen großen Anteil daran, dass ‚der Laden am Laufen gehalten wird‘. Äußerungen wie jene von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Menschen aus Rumänien und Bulgarien seien verantwortlich für einen Corona-Ausbruch in einer nordrhein-westfälischen Fleischfabrik, sind nicht nur fehl am Platz, sondern ein gefährliches Spiel mit Ressentiments. Es wird endlich Zeit, dass auch Deutschland die UN-Wanderarbeiterkonvention ratifiziert und umsetzt!“
Dezentrale Unterbringung schnellstmöglich umsetzen
Der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Landesverbandes der kommunalen Integrationsbeiräte (AGARP), Kemal Gülcehre, übt erneut Kritik an der Unterbringung von Geflüchteten in Sammelunterkünften:
„Hinsichtlich der Infektionszahlen und den daraus resultierenden Todesfälle wird nahezu jede Woche ein neuer trauriger Rekord vermeldet und auch ein weiterer harter Lockdown steht offensichtlich vor der Tür. Eine drastische Verschärfung der Maßnahmen wäre meiner Meinung nach mehr als angebracht, denn der Schutz von Gesundheit und Leben ist ein Grundrecht. Dieses Grundrecht gilt auch für Geflüchtete und muss sich in entsprechenden Präventionsmaßnahmen niederschlagen. Wir wissen seit dem Ausbruch der Pandemie, dass Sammelunterkünfte für Geflüchtete ein potentieller Corona-Hotspot sind. Eine konsequente Auflösung dieser Einrichtungen wäre schon in der ersten Corona-Welle geboten gewesen. Ohne die Situation merklich zu verbessern, sind wir in Deutschland nun sehenden Auges auf die zweite Welle zugesteuert. Bundesweit muss nun entschlossen gehandelt werden und eine dezentrale Unterbringung schnellstmöglich umgesetzt werden. Es schadet dem Ansehen unserer gefestigten Demokratie, falls der Eindruck entsteht, Geflüchtete würden in Fragen des Gesundheitsschutzes als Menschen zweiter Klasse behandelt.“
Mit einer klaren Erwartungshaltung blickt Gülcehre auch auf die in dieser Woche stattfindende Innenministerkonferenz: „In Pandemiezeiten sind Abschiebungen nicht zu verantworten. Als AGARP unterstützen wir die Forderung zahlreicher Wohlfahrtsverbände und Initiativen, nach einem Abschiebungsmoratorium bis mindestens April 2021. In der jetzigen Situation Abschiebungen durchzuführen ist verantwortungslos!“
Terror in Frankreich: Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen und den Verletzten
Wir sind schockiert und fassungslos über die blutigen Terroranschläge in Frankreich. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Ermordeten und den Verletzten. Die verabscheuungswürdigen Taten sind ein Angriff auf die Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und die Demokratie. Wir erklären uns solidarisch mit unseren französischen Nachbarn, die sich nicht von Fanatiker einschüchtern lassen. Die demokratische Gesellschaft wird nicht zulassen, dass sie auseinanderdividiert wird, sondern ihre Werte gegen Hass und Menschenfeindlichkeit verteidigen.
Gülcehre zieht gemischtes Resümee aus Integrationsgipfel
Die andauernde Corona-Krise und deren Auswirkungen auf die Integration in Deutschland standen im Mittelpunkt des 12. Integrationsgipfels. An dem virtuellen Treffen nahmen am Montag rund 130 Vertreter*innen aus Migrantenorganisationen, Wohlfahrtsverbänden, Politik und Wirtschaft teil. Der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Landesverbandes der Beiräte für Migration und Integration (AGARP), Kemal Gülcehre, zieht hierzu ein gemischtes Resümee und erklärt:
„Die Ausweitung digitaler Angebote im Bereich von Sprach- und Integrationskursen ist dringend notwendig und natürlich zu begrüßen. Dass jedoch nach den Erfahrungen der ersten Pandemiewelle, in der sich Massenunterkünfte für Geflüchtete zu Infektionsfallen entwickelten, nicht ernsthaft über deren Auflösung diskutiert wurde, trifft auf mein Unverständnis. Es geht doch um den Schutz von Menschenleben! Ebenso hätte ich mir gewünscht, dass auch die Themen Rassismus und Diskriminierung im Fokus stehen. In diesem Zusammenhang wäre beispielsweise ein Vorschlag für eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wünschenswert gewesen.“
Mit Blick auf künftige Themen des Gipfels fordert Gülcehre auch stärker über die Ausweitung von Partizipationsmöglichkeiten für Migrant*innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft nachzudenken. So sei es Niemandem zu erklären, warum einem EU-Ausländer, der erst wenige Monate in der Bundesrepublik lebt, das Wahlrecht bei Kommunalwahlen zugestanden wird, Drittstaatler*innen, die seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, jedoch nicht. „Eine Ungerechtigkeit, die nur schwer zu vermitteln ist. Wer seinen Erstwohnsitz in Deutschland hat und dem hiesigen Steuerrecht unterliegt, der sollte doch wenigstens in der Kommune, an seinem ständigen Wohnort, mitentscheiden dürfen“, so Gülcehre weiter. Momentan habe er sogar das Gefühl, dass bei den Partizipationsmöglichkeiten eher Rückschritte gemacht werden. Als Beispiel nannte er die Reform der Ausländerbeiräte in Hessen. Hier ist es nun möglich, statt der gewählten Beiräte, einen Integrationsausschuss ohne Wahl einzusetzen. Die Legitimation der Beiräte und ihre Arbeit wird so untergraben.
Corona-Krise: Schreiben der Ministerpräsidentin Malu Dreyer an Verbände aus dem Migrationsbereich
Mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen hat sich Ministerpäsidentin Malu Dreyer auch an Verbände aus dem Migrationsbereich gewandt.